Ausblick des aktuellen Investmentmarkts: Jetzt schlägt die Stunde der First-Mover. Jene, die eine Zinslandschaft von plus-minus drei Prozent nicht stemmen können, verschwinden aber dauerhaft vom Markt.
Der österreichische Immobilieninvestmentmarkt durchlebt eine „alte, neue Normalität“, so ein Ausblick des Immobiliendienstleisters ÖRAG Montagnachmittag. Denn obwohl sich zumindest beim Zinsniveau eine gewisse Stabilisierung einstellen dürfte, was sich positiv auf die Immobilienwirtschaft auswirken dürfte, gebe es laut ÖRAG-Vorstand Stefan Brezovich auch eine „Trennung der sprichwörtlichen Spreu vom Weizen.“ Konkret führt er aus, dass jene Geschäftsmodelle, die eine Zinslandschaft von plus-minus drei Prozent nicht aushalten würden, „dauerhaft vom Markt verschwinden werden.“
Bereits im Herbst führten die Investment-Experten der ÖRAG die Stunde der „First Mover“ ins Treffen: kapitalstarke Investor*innen, die in der Lage sind, Chancen schnell zu nutzen, wenn andere noch zögern. Stefan Brezovich sieht diese nun gekommen und prognostiziert vermehrte Transaktionen im Anlagebereich. „Die Stabilisierung des Zinsniveaus wirkt sich positiv auf den Immobilieninvestmentmarkt aus, da die Investoren – egal ob privat oder institutionell – Planungssicherheit haben. Dies wird – als weitere relevante Entwicklung – zu einer vermehrten Anzahl von Transaktionen im Anlagebereich führen.“ Endl hebt besonders den Hotelmarkt hervor und betont, dass Hotels derzeit ausgebucht sind, was überraschend ist. Er führt dies auf eine gewisse Endzeitstimmung und das Sicherheitsbedürfnis der Menschen zurück.
Allerdings Neben objektiven Faktoren wie Inflation, Energie- und Wirtschaftskrise durch den Krieg in der Ukraine sowie im Nahen Osten würde auch eine gewisse Emotion gegenüber dem aktuellen Marktumfeld eine gewisse Verunsicherung befeuern. Brezovich rät in dem Zusammenhang auch zu mehr Besonnenheit,– „schließlich sei die Immobilienbranche schon in ihrem Wesen eher von Langfristigkeit geprägt: „Da die Transaktionen wesentlich komplexer sind als beispielsweise ein Aktien-Kauf oder -Verkauf über einen Online-Broker, sind die Auswirkungen von Emotionen im Immobilienbereich nicht vergleichbar unmittelbar, was ein gutes Korrektiv darstellt.“
Vor allem hielten viele Käufer in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten steigender Preise und dem Niedrigstzinsumfeld Fixzinsvereinbarungen für vergeudetes Geld – diese würden aber auch nicht erkennen, dass sich in den kommenden 12 Monaten in fast allen Marktsegmenten gute Einstiegschancen bieten würden, so Brezovich weiter: „Antizyklisches Agieren am Markt gilt seit jeher als kluge Strategie für jene, die das notwendige Eigenkapital haben und mit Marktkenntnis und Besonnenheit agieren. Statt Angst und Verunsicherung sind wohl Vorsicht und Absicherung in allen Marktlagen die besseren Berater.“
Die Dynamik zwischen dem Miet- und Eigentumsmarkt würde sich fortsetzen, wobei die KIM-Verordnung und die Zinssteigerungen die Nachfrage vom Eigentum zur Miete lenken. „Solange sich diese Faktoren nicht lockern, wird der Eigentumsmarkt eine verhaltene Nachfrage verzeichnen. Gleichzeitig sehen wir einen Rückgang im Angebot, insbesondere im Neubausegment im Vergleich zum Vorjahr“, so Aleksandra Mitrovic, Prokuristin und Leiterin Wohnimmobilien Miete bei der ÖRAG, „besonders die Nachfrage nach größeren Mietwohnungen, wie Vier- oder Fünf-Zimmer-Wohnungen, bleibt stark. In einigen Bezirken könnte es aufgrund rückläufiger Neubauaktivitäten zu einer Verknappung des Angebots und damit zu weiteren Preissteigerungen kommen.“
Was das heurige Jahr betrifft, rechnet man jedenfalls nicht damit, dass das Investmentvolumen noch von 2022 erreicht werden könne, so Herbert Petz, Leiter des Investment-Bereichs bei der ÖRAG. Dennoch werde der Markt in Bewegung bleiben. Als Grundproblematik sieht Vorstand und Leiter der Vermittlung, Johannes Endl, dass es im Moment andere Veranlagungen gebe – Festgeld, Staatsanleihen und ähnliches – die vergleichbare Renditen wie Immobilien bieten. „Wir sehen also, dass Investoren abwartend reagieren. Diejenigen, die fremdes Geld verwalten, können gar nicht anders – sie brauchen eine klare Richtung, wohin sich der Markt entwickelt und eine solide Entscheidungsgrundlage.“