RegioData Research: Schon 580 Gemeinden ohne Vollsortimenter. Verkaufsdichte in städtischen Gebieten steigt, kleinere Gemeinden haben das Nachsehen.
Ein Trend, der die Abwanderung aus kleineren Gemeinden wohl noch mehr verschärfen dürfte: Eine aktuelle Auswertung der RegioData-Standortdatenbank zeigt eine alarmierende Verschlechterung der Nahversorgung in vielen Teilen Österreichs. Immer mehr kleine Gemeinden haben keinen Lebensmittelvollsortimenter mehr, was die Lebensqualität der Bewohner erheblich beeinträchtigt. Demnach ist seit 2010 die Anzahl der Lebensmittelvollsortimenter in Österreich um insgesamt 5,1 Prozent gesunken, mittlerweile müssten bereits 580 Gemeinden ohne Vollsortimenter auskommen. Damit ist man in diesen Orten nicht nur auf ein Auto angewiesen – ältere Menschen würden da nur noch einen sehr eingeschränkten Zugang zu Dingen des täglichen Bedarfs haben.
Besonders betroffen sind die kleineren Gemeinden, während in groß- und kleinstädtischen Gebieten die Dichte der Verkaufsstellen zunimmt. Die ‚Big-4‘ – Spar, Rewe, Hofer und Lidl – die insgesamt knapp 92 Prozent des österreichischen Lebensmittelhandels abdecken, hätten laut RegioData Research kaum mehr Expansionsambitionen. Das führe im Umkehrschliss dazu, dass unrentable Standorte in peripheren Regionen geschlossen werden.
Die Zahl der Schließungen von Lebensmittelvollsortimentern in kleinen Dörfern und Ortsteilen habe sich in den letzten Jahren zwar verlangsamt, dennoch sind neue Ansätze erforderlich, um die Versorgung sicherzustellen. RegioData sieht zwei Hauptstrategien für die Zukunft: Erstens ein automatisierter Verkauf ohne Personal und zweitens eine Funktionsmischung, insbesondere zwischen Gastronomie und Einzelhandel, wie sie in Italien und Spanien erfolgreich praktiziert wird. Hier sind Gesetzgeber und Interessensvertreter gefordert, durch liberalere Bestimmungen eine Verbesserung der Nahversorgungssituation zu ermöglichen.“
Eine räumliche Konzentration der Lebensmittelmärkte ist vor allem rund um die Hauptstädte Wien, Linz und Graz zu beobachten. Im Gegensatz dazu nimmt die Versorgung in kleineren Gemeinden, insbesondere in Ober- und Niederösterreich, immer weiter ab. Knapp 28 Prozent aller Gemeinden verfügen über keinen Lebensmittelvollsortimenter. Besonders in ländlichen Regionen ist die Versorgungslage schlecht, bestätigt RegioData.
Ein Hauptgrund für die Schließungen ist das fehlende wirtschaftliche Potenzial in kleinen Gemeinden. Um ein Lebensmittelgeschäft rentabel betreiben zu können, brauche es mindestens 1.500 Einwohner im Einzugsgebiet. Fehlt dieses Potenzial, würden bestehende Betriebe schließen, neue eröffnen erst gar nicht. In einigen Fällen übernehmen Genossenschaften oder Vereine die Nahversorgung, um die Grundversorgung sicherzustellen, auch wenn diese Lösungen nicht ertragsorientiert sind.
Während die traditionellen Lebensmittelmärkte in einigen Gebieten abnehmen, gibt es bei Teilsortimentern wie Tankstellenshops, bäuerlichen Direktvermarktern und Automatenshops einen Aufschwung. Diese kleineren Verkaufsstellen würden von ihrer Flexibilität und der Fähigkeit profitieren, schnell auf Kundenbedürfnisse einzugehen und frische, lokale Produkte anzubieten, so RegioData.
Eine bereits versuchte Lösung, nämlich Self-Check-Out-Verkaufscontainer, konnte in Österreich aufgrund der restriktiven Öffnungszeitenregelungen nicht Fuß fassen. Obwohl diese Container ohne Personal betrieben werden, sind sie an die üblichen Ladenöffnungszeiten gebunden, was ihre Attraktivität mindert. Projekte wie Unimarkt’s „UNIbox“ und REWE’s „BillaBox“ wurden deshalb wieder eingestellt.
Die Zahl der Schließungen von Lebensmittelvollsortimentern in kleinen Dörfern und Ortsteilen hat sich in den letzten Jahren zwar verlangsamt, dennoch sind neue Ansätze erforderlich, um die Versorgung sicherzustellen. RegioData sieht zwei Hauptstrategien für die Zukunft: „Erstens ein automatisierter Verkauf ohne Personal und zweitens eine Funktionsmischung, insbesondere zwischen Gastronomie und Einzelhandel, wie sie in Italien und Spanien erfolgreich praktiziert wird. Hier sind Gesetzgeber und Interessensvertreter gefordert, durch liberalere Bestimmungen eine Verbesserung der Nahversorgungssituation zu ermöglichen.“