Grüne Stadt, kühle Stadt

Jürgen Czernohorszy - Foto:© PID/Pertramer

Jürgen Czernohorszy - Foto:© PID/Pertramer

Der Klimawandel und geopolitische Verwerfungen zwingen zum Handeln. Die Stadt Wien setzt mehrere Maßnahmen, um einerseits Hitzeinseln den Kampf anzusagen und um sich andererseits aus der Energieabhängigkeit von Russland zu befreien. Welche das sind, verrät Stadtrat Jürgen Czernohorszky, zuständig für Klima und Energie, im Gespräch mit Charles Steiner.

Bis 2040 will Wien aus fossilen Brennträgern aussteigen. Wie schreitet dieses Vorhaben voran, und lässt sich der Zeitplan angesichts der aktuellen geopolitischen Entwicklungen einhalten?

Jürgen Czernohorszky: Die weltpolitische Lage und die Klimakrise machen deutlich, wie sehr wir die Energiewende brauchen. Einerseits wissen wir, dass fossile Brennstoffe schlecht fürs Klima sind. Andererseits hat der Krieg in der Ukraine gezeigt, dass wir die Energieabhängigkeit beenden müssen. Dabei setzen wir auf „hausgemachte“ Energie wie Sonnenstrom, Wärmepumpen und Geothermie. Im Bereich der Gebäudewärme haben wir mit den Energieraumplänen bereits einen wichtigen ersten Schritt gesetzt. Jetzt liegt es am Bund, die nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, die es für unser Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden, dringend braucht.

Die rot-pinke Koalition hat sich das Förderprogramm „Lebenswerte Klimamusterstadt“ auf die Fahnen geschrieben. Welche Stellschrauben sollen hier gedreht werden?

Czernohorszky: Mit diesem Förderprogramm investieren wir 100 Millionen Euro in nachhaltige Klimawandel-Anpassungsmaßnahmen bis 2025. Pro Jahr stellen wir also 20 Millionen Euro für Projekte der Bezirke bereit, um die Auswirkungen des Klimawandels zu minimieren. Darunter befinden sich Umbaumaßnahmen wie zum Beispiel das Umwandeln versiegelter Flächen in Grünraum, aber auch das Pflanzen neuer Bäume. Auch das Schwammstadt-Prinzip, mit dem wir Regenwasser besser speichern können, wird ausgebaut. Das Ziel des Projekts „Lebenswerte Musterstadt“ ist es, das Mikroklima in der Stadt positiv zu beeinflussen.

Angesichts der sich häufenden Hitzewellen: Wie will man die Stadt abkühlen, welche Ansätze gibt es? Wie geht man überdies mit sogenannten Hitzeinseln um?

Czernohorszky:
Begrünung ist ein wesentlicher Faktor im Kampf gegen Hitzeinseln. Deshalb haben wir es uns zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2025 in Wien 400.000 Quadratmeter neuen Grünraum zu schaffen. Darüber hinaus schaffen wir mit gezielten Cooling-Maßnahmen auch akute Abkühlung. Im Stadtgebiet etwa mit unseren Sommerspritzern, Brunnhilden und Trinkbrunnen; in sämtlichen um- oder neugestalteten Parks gibt es zumindest eine Cooling-Maßnahme. Außerdem kommen immer mehr Wasserspielplätze dazu.

Wie möchte die Stadt Wien den Ausbau alternativer Energiequellen forcieren? Welche sollen besonders im Vordergrund stehen?

Czernohorszky: Wir nutzen zum Beispiel das Abwasser, um Gebäude zu wärmen oder zu kühlen, aber auch die Abwärme von Kraftwerken. In Simmering steht die stärkste Großwärmepumpe Mitteleuropas, die bereits jetzt 25.000 Haushalte mit CO2-freier Energie versorgt. Derzeit errichten wir im Umfeld eine noch größere Pumpe, die ab 2027 sogar 112.000 Haushalte mit Wärme aus gereinigtem Abwasser beliefert. Wir bauen außerdem den Anteil der Photovoltaik-Anlagen in Wien stetig aus und fördern sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen bei der Anschaffung von PV-Anlagen. So konnten wir die Energie, die wir durch Sonnenstrom gewinnen, seit Beginn der PV-Offensive um 70 Prozent steigern.

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