Anpassungsfähigkeit ist gefragt

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Im aktuellen Zins- und Finanzierungsumfeld müssen Investoren und Käufer flexibel und anpassungsfähig sein, dürfen aber das langfristige Ziel von Net Zero bis 2050 nicht aus den Augen verlieren. Isabella Reinberg, Partnerin bei Reinberg & Partner, in ihrem Gastkommentar über aktuelle Hürden bei ESG-Anforderungen.

Die aktuelle Zinslandschaft hat erhebliche Auswirkungen auf Bewertungen, insbesondere im Immobilien- und Finanzsektor. Mit den gestiegenen Zinsen müssen viele Unternehmen und Investoren ihre Bewertungsmodelle anpassen. Die Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Zinsentwicklung führt zu dem aktuellen beobachtbaren Stillstand im Marktgeschehen. Im Immobiliensektor führen höhere Zinsen zu Neubewertungen von Immobilien.

Die aktuelle Finanzierungslandschaft im Immobiliensektor ist geprägt von hohen Zinsen und strengen ESG-Anforderungen (Environmental, Social, Governance). Diese Faktoren haben erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierung von Neubauten und den Kauf von Altbeständen.

Moderne Finanzierungen sind zunehmend an Konzepte zur Reduktion des Energiebedarfs und an grüne Investitionen gebunden. Besonders bei Altbeständen wird darauf geachtet, dass die Objekte bis 2030 energetisch verbessert werden. Dies bedeutet, dass jede Finanzierung nicht nur die wirtschaftliche Rentabilität, sondern auch die Nachhaltigkeit des Projekts berücksichtigt. Neubauten, die den ESG-Kriterien entsprechen, sind oft sehr teuer und für viele Käufer unerschwinglich. Obwohl diese Neubauten den ESG-Standards entsprechen, gibt es aufgrund der hohen Preise und Finanzierungskosten keinen ausreichenden Markt dafür. Investoren können die Preise nicht senken, ohne ihre Rentabilität zu gefährden, was zu einem stagnierenden Markt für Neubauten führt.

Im Gegensatz dazu sind Altbestände günstiger und daher attraktiver für Käufer. Diese Objekte entsprechen jedoch oft nicht den ESG-Kriterien und haben hohe Heizkosten. Käufer denken derzeit kurzfristig und sind bereit, diese Nachteile in Kauf zu nehmen, um die geringeren Anschaffungskosten zu nutzen. Dies führt zu einem angespannten Markt. Banken sind zunehmend bereit, Kunden ziehen zu lassen, wenn Gebäude nicht grün werden, und Neubauten werden häufiger zertifiziert als Bestandsobjekte.  Dies kann den Wert von Altbeständen weiter beeinträchtigen. Die Mietpreise steigen, da nicht nur die Finanzierungskosten hoch sind und Investoren diese Kosten an die Mieter weitergeben; die Nachfrage regelt den Markt. Dieses kurzfristige Denken und die hohen Mieten machen es für viele Menschen schwierig, bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Die aktuelle Zins- und Finanzierungslandschaft stellt den Immobiliensektor jedenfalls vor erhebliche Herausforderungen. Investoren und Käufer müssen flexibel und anpassungsfähig bleiben, um in diesem komplexen Marktumfeld erfolgreich zu sein. Die langfristige Zielsetzung, bis 2050 auf Net Zero zu kommen, bleibt eine große Herausforderung, die technologische und finanzielle Innovationen erfordert.

Isabella Reinberg
Geschäftsführerin, Reinberg & Partner

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